Gedichte von Ed Sanders
(aus dem Amerikanischen
von Florian Vetsch)
Die Absetzung von George Bush – eine weltweite Party
Heute haben sie George Bush abgesetzt
und die ganze Welt feierte ab
Blumen sprossen jäh hervor
Posaunen stiegen allein vom Estrich
und dudelten den „Celebration Waltz“
Draussen in den Tierhandlungen von Des Moines tirillierten die Vögel
plötzlich „All You Need Is Love“
und jedes Schosshündchen stimmte einen d-moll-Heuler an!
In Italien sprudelten alle antiken Brunnen wieder
und die Geister der römischen Dichter verfassten Lobgesänge!
Durch den Arc de Triomphe
sangen 400'000 lilientragende Kinder
die zwei Worte der Absetzung
„Égalité ... Liberté“
Es war überall nochmals wie anno 45
In Böhmen produzierten die staatlichen Glasfabriken
eine Million blaue Teller aus Absoluter Freude!
um sie gratis an die Touristen von Prag zu verteilen!
654'000 Stepptänzer wurden in Santiago auf dem
Weg zu Pablo Nerudas Haus gesichtet
während die 1973 gestohlenen Bücher ersetzt wurden
Petrarca und Laura erschienen Hand in Hand
und schauten unter der Seufzerbrücke
dem Rennen der Schnellboote auf dem Arno zu
Den Mauern von Troia
entstieg die Mutter des Patroklos
mit einem Korb voller Granatäpfel
um die Seelenwunden von Bushs ungezählten Morden zu heilen
Auf Leukadiens Klippen
sang die alte Sappho
„Die Freiheit zu leben, wie wir es lieben, wird kommen
jetzt, wo er weg ist“
Die Stimme von Thomas Jefferson
donnerte über Virginia und forderte
von den Banken, allen Bürgern die Schulden zu erlassen
Anita Ekberg plantschte nackt und allein im Trevi-Brunnen
so begeistert war sie über die schwedischen Gardinen für George
und Catull schrieb drei Gedichte über dieses Wunder
500'000 Menschen, beinamputiert durch US-amerikanische und
chinesische Landminen
stampften mit ihren Krücken den Rhythmus von
Stevie Wonders „Superstition“, das aus gigantischen Helikoptern dröhnte
um Millionen nicht gezündeter Landminen
aus den blutigen Feldern
in die UN-Container zu befördern
Paul Bowles schickte eine Wasserpfeife aus Tanger
an Corso, Ginsberg und Orlovsky
ins Zimmer 27 des Beat Hotels an der rue Git le Coeur
zur Feier der guten Nachricht
Cassandra steht an der Pennsylvania Avenue
und weint, diesmal vor Überraschung
weil die Welt zu guter Letzt ihren Worten folgt:
„Lebwohl, George, dein Haus fiel ein, ohne auch nur
ein Aschenhäufchen zu hinterlassen!“
Macht Party! Sagt Party!
Tanzt den lieben langen Tag!
Ed Sanders
Lied für Allen Ginsberg
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Welch riesiges gigantisches Gehirn!
Hunderte von Blake-Versen abgespeichert
10'000 Vokale von Yeats
ein Catull oder zwei, 50 Seiten Whitman
Milton’s „Lycidas“, Proben von
sapphischen Strophen, lange Erinnerungen
aus der Jugend & der Familie, Gigabytes
von Unendlichkeitsbytes nackter Tatsachen
über die brennenden Felder der Erde
Ach Allen
Dein Raketengeist
explodiert
dort oben m/ Sappho & Keats
in einem weiten, wilden Strahlenkranz
über unsrem kleinen Teil der Milchstrasse
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Nun, während ich hier bin
mach ich meine Arbeit - -
und die wäre?
Die Qual des Lebens lindern.
Der Rest ist trunkene
Pantomime
(aus „Memory Gardens“ 22.-29. Oktober 1969)
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Keine Zeit für Wiederholungen
Keine Zeit die Post zu lesen
Keine Zeit zum Kometen aufzuschauen
Keine Zeit für ein Treffen
Keine Zeit für sagenhafte Bilder
Keine Zeit nachzudenken
Keine Zeit Ägyptisch zu studieren
Keine Zeit sich Berg anzuhören
Keine Zeit beim Steinhändler vorbeizuschauen
Keine Zeit diesen Augenblick noch einmal zu erleben
Keine Zeit sich eine Kosmologie zurechtzulegen
Keine Zeit sich ein neues Ruder zu kaufen
Keine Zeit Glyphen zu entziffern
Keine Zeit die Papiere zu sichten
Keine Zeit die Mondphasen zu berechnen
Keine Zeit Pfeffer anzupflanzen
Keine Zeit für den Frieden zu streiten
Keine Zeit die Angst zu demontieren
Keine Zeit die Visionen auszukosten
Keine Zeit keine Zeit keine Zeit keine Zeit
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Woodstock – Venedig – Florenz – Rom, 1997-1998
Hymne auf den Nicht-intendierten Klecks
Ich will zurück zu den goldenen Tagen
der Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Ein Buch lesen Eine Schallplatte hören
Gleichzeitig ein Bild malen
Klecks Klecks Klecks
Klecks Klecks Klecks
Nicht-intendierte
Nicht-programmierte
Nicht-organisierte
Kleckserei
Klecks Klecks Kleckserei
Ich will zurück zu jenen Tagen
Und nochmals den Purpurdunst wagen
Auf’m Kopf einer Haarnadel tanzen
Und mir quicklebendig eins schranzen
Klecks Klecks Klecks
Klecks Klecks Klecks
Bring mich zurück zu jenen goldenen Tagen
der Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Vom Hippiezelt aus aufs Flüsschen stieren
und 25 Wochen Arbeitszeit verlieren
Klecks Klecks Klecks
Klecks Klecks Klecks
Nicht-intendierte
Nicht-programmierte
Nicht-organisierte
Kleckserei!
Klecks Klecks Klecks
Vorbei Vorbei Vorbei
Klecks Klecks Klecks
Lied für Miriam
Sie trug
ihr weites
Pfirsichkleid
um Mitternacht
unter dem fast vollen Mond
sie forderte mich auf
barfuss auf der Wiese
Walzer zu tanzen
& die Polka zu drehen
dann die Hände zu ergreifen
& zu kreisen
bis die Sommersterne
Streifen wurden
Ich verdanke ihr vieles
darunter
eine erfrischende Lektion
über die Kraft des
homo ludens
Die Frage des Ruhms
Einleitung: Der grosse Barde Goethe war 75, als er einem Freund schrieb, er habe nie auch nur einen einzigen Monat lang Ruhe empfunden.
Johann Wolfgang von Goethe
sagte, er habe niemals Ruhe empfunden
Nun, was braucht es, um einen Dichter glücklich zu machen?
Ist ihm je etwas genug?
Es ist die Frage des Ruhms
Die Frage des Ruhms
Anderthalb Stunden
gibst du deine eleganten
Verse von dir
im randvollen Fussballstadion
von Santiago
Deine Gedichte
werden auf lenkbare
Luftschiffe
projiziert
Satelliten übertragen dich
in 300 andere Stadien
auf der ganzen Welt
und alle sind sie bis zum Bersten voll
– es ist die Frage des Ruhms –
Schliesslich endigst du
Und 30'000'000 Leute springen auf
schreien & stampfen
Stundenlang klatschen sie Beifall
bis ihre Hände
bluten
& Blasen
schmerzhaft in ihren Schuhen
platzen
und bald beginnen
sie gegen die Tribüne
zu knallen
wie klatschende Kolosse
Dort liegen sie, krümmen sich heiser
noch immer mit blutigem Schaum
an den zerschundenen
Handrücken
die Augen glasig
wie 30'000'000 Waschbären
im plötzlichen Blitzlicht
Das passiert jeden Sonntagnachmittag
und es ist immer noch nicht genug
von Florian Vetsch)
Die Absetzung von George Bush – eine weltweite Party
Heute haben sie George Bush abgesetzt
und die ganze Welt feierte ab
Blumen sprossen jäh hervor
Posaunen stiegen allein vom Estrich
und dudelten den „Celebration Waltz“
Draussen in den Tierhandlungen von Des Moines tirillierten die Vögel
plötzlich „All You Need Is Love“
und jedes Schosshündchen stimmte einen d-moll-Heuler an!
In Italien sprudelten alle antiken Brunnen wieder
und die Geister der römischen Dichter verfassten Lobgesänge!
Durch den Arc de Triomphe
sangen 400'000 lilientragende Kinder
die zwei Worte der Absetzung
„Égalité ... Liberté“
Es war überall nochmals wie anno 45
In Böhmen produzierten die staatlichen Glasfabriken
eine Million blaue Teller aus Absoluter Freude!
um sie gratis an die Touristen von Prag zu verteilen!
654'000 Stepptänzer wurden in Santiago auf dem
Weg zu Pablo Nerudas Haus gesichtet
während die 1973 gestohlenen Bücher ersetzt wurden
Petrarca und Laura erschienen Hand in Hand
und schauten unter der Seufzerbrücke
dem Rennen der Schnellboote auf dem Arno zu
Den Mauern von Troia
entstieg die Mutter des Patroklos
mit einem Korb voller Granatäpfel
um die Seelenwunden von Bushs ungezählten Morden zu heilen
Auf Leukadiens Klippen
sang die alte Sappho
„Die Freiheit zu leben, wie wir es lieben, wird kommen
jetzt, wo er weg ist“
Die Stimme von Thomas Jefferson
donnerte über Virginia und forderte
von den Banken, allen Bürgern die Schulden zu erlassen
Anita Ekberg plantschte nackt und allein im Trevi-Brunnen
so begeistert war sie über die schwedischen Gardinen für George
und Catull schrieb drei Gedichte über dieses Wunder
500'000 Menschen, beinamputiert durch US-amerikanische und
chinesische Landminen
stampften mit ihren Krücken den Rhythmus von
Stevie Wonders „Superstition“, das aus gigantischen Helikoptern dröhnte
um Millionen nicht gezündeter Landminen
aus den blutigen Feldern
in die UN-Container zu befördern
Paul Bowles schickte eine Wasserpfeife aus Tanger
an Corso, Ginsberg und Orlovsky
ins Zimmer 27 des Beat Hotels an der rue Git le Coeur
zur Feier der guten Nachricht
Cassandra steht an der Pennsylvania Avenue
und weint, diesmal vor Überraschung
weil die Welt zu guter Letzt ihren Worten folgt:
„Lebwohl, George, dein Haus fiel ein, ohne auch nur
ein Aschenhäufchen zu hinterlassen!“
Macht Party! Sagt Party!
Tanzt den lieben langen Tag!
Ed Sanders
Lied für Allen Ginsberg
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Welch riesiges gigantisches Gehirn!
Hunderte von Blake-Versen abgespeichert
10'000 Vokale von Yeats
ein Catull oder zwei, 50 Seiten Whitman
Milton’s „Lycidas“, Proben von
sapphischen Strophen, lange Erinnerungen
aus der Jugend & der Familie, Gigabytes
von Unendlichkeitsbytes nackter Tatsachen
über die brennenden Felder der Erde
Ach Allen
Dein Raketengeist
explodiert
dort oben m/ Sappho & Keats
in einem weiten, wilden Strahlenkranz
über unsrem kleinen Teil der Milchstrasse
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Nun, während ich hier bin
mach ich meine Arbeit - -
und die wäre?
Die Qual des Lebens lindern.
Der Rest ist trunkene
Pantomime
(aus „Memory Gardens“ 22.-29. Oktober 1969)
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Keine Zeit für Wiederholungen
Keine Zeit die Post zu lesen
Keine Zeit zum Kometen aufzuschauen
Keine Zeit für ein Treffen
Keine Zeit für sagenhafte Bilder
Keine Zeit nachzudenken
Keine Zeit Ägyptisch zu studieren
Keine Zeit sich Berg anzuhören
Keine Zeit beim Steinhändler vorbeizuschauen
Keine Zeit diesen Augenblick noch einmal zu erleben
Keine Zeit sich eine Kosmologie zurechtzulegen
Keine Zeit sich ein neues Ruder zu kaufen
Keine Zeit Glyphen zu entziffern
Keine Zeit die Papiere zu sichten
Keine Zeit die Mondphasen zu berechnen
Keine Zeit Pfeffer anzupflanzen
Keine Zeit für den Frieden zu streiten
Keine Zeit die Angst zu demontieren
Keine Zeit die Visionen auszukosten
Keine Zeit keine Zeit keine Zeit keine Zeit
Er war einer meiner Helden
Allen Allen Allen ist gefallen
Dort, wo der Fluss der Freiheit fliesst
und die Friedensblume spriesst
Woodstock – Venedig – Florenz – Rom, 1997-1998
Hymne auf den Nicht-intendierten Klecks
Ich will zurück zu den goldenen Tagen
der Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Ein Buch lesen Eine Schallplatte hören
Gleichzeitig ein Bild malen
Klecks Klecks Klecks
Klecks Klecks Klecks
Nicht-intendierte
Nicht-programmierte
Nicht-organisierte
Kleckserei
Klecks Klecks Kleckserei
Ich will zurück zu jenen Tagen
Und nochmals den Purpurdunst wagen
Auf’m Kopf einer Haarnadel tanzen
Und mir quicklebendig eins schranzen
Klecks Klecks Klecks
Klecks Klecks Klecks
Bring mich zurück zu jenen goldenen Tagen
der Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Klecks Klecks Klecks Kleckserei
Vom Hippiezelt aus aufs Flüsschen stieren
und 25 Wochen Arbeitszeit verlieren
Klecks Klecks Klecks
Klecks Klecks Klecks
Nicht-intendierte
Nicht-programmierte
Nicht-organisierte
Kleckserei!
Klecks Klecks Klecks
Vorbei Vorbei Vorbei
Klecks Klecks Klecks
Lied für Miriam
Sie trug
ihr weites
Pfirsichkleid
um Mitternacht
unter dem fast vollen Mond
sie forderte mich auf
barfuss auf der Wiese
Walzer zu tanzen
& die Polka zu drehen
dann die Hände zu ergreifen
& zu kreisen
bis die Sommersterne
Streifen wurden
Ich verdanke ihr vieles
darunter
eine erfrischende Lektion
über die Kraft des
homo ludens
Die Frage des Ruhms
Einleitung: Der grosse Barde Goethe war 75, als er einem Freund schrieb, er habe nie auch nur einen einzigen Monat lang Ruhe empfunden.
Johann Wolfgang von Goethe
sagte, er habe niemals Ruhe empfunden
Nun, was braucht es, um einen Dichter glücklich zu machen?
Ist ihm je etwas genug?
Es ist die Frage des Ruhms
Die Frage des Ruhms
Anderthalb Stunden
gibst du deine eleganten
Verse von dir
im randvollen Fussballstadion
von Santiago
Deine Gedichte
werden auf lenkbare
Luftschiffe
projiziert
Satelliten übertragen dich
in 300 andere Stadien
auf der ganzen Welt
und alle sind sie bis zum Bersten voll
– es ist die Frage des Ruhms –
Schliesslich endigst du
Und 30'000'000 Leute springen auf
schreien & stampfen
Stundenlang klatschen sie Beifall
bis ihre Hände
bluten
& Blasen
schmerzhaft in ihren Schuhen
platzen
und bald beginnen
sie gegen die Tribüne
zu knallen
wie klatschende Kolosse
Dort liegen sie, krümmen sich heiser
noch immer mit blutigem Schaum
an den zerschundenen
Handrücken
die Augen glasig
wie 30'000'000 Waschbären
im plötzlichen Blitzlicht
Das passiert jeden Sonntagnachmittag
und es ist immer noch nicht genug
von magdalena la chouette am Samstag, 12. August 2006, 10:43 unter archiv 06