Isolde Schaad
Ein Textausschnitt aus Ihrem Roman „Robinson und Julia“ von Isolde Schaad:
Als ich an jenem Tag, bevor die Krankheit ausbrach, in der Frühe am Fenster stand, wünschte ich mir, dass alles noch einmal von vorn anfinge. Und meine Augen verfolgen würden, wie sich die Alpen lautlos verfalten. Atemberaubend wäre die Erschaffung der Welt ohne Tonkulisse. Aber
Gott ist ein Mann. Das heißt, er muss kompensieren, und so ist er mit all seinen Namen mehrere Männer aufs Mal, die sich um den richtigen Glauben streiten. Zwar ist der Donner, den er deswegen verursacht, noch das geringste Übel, das er uns eingebrockt hat. Später wird er die Kanone einführen und dann das Turbogeheul von Porsche, Alfa und Maserati, das sei unverzichtbar für das Männergeschlecht; allerhand, wenn man bedenkt, dass die Natur Milliarden von Jahren ohne Kanonen, Alfas und Porsches auskam. Und soll noch eine kommen, eine feministische Theologin oder so, und behaupten, Gott sei kein Mann.
Wer in der Frühe an der Fassade unserer Mietskaserne emporblickt, entdeckt eine Frau im Fenster, die sich eine Haarsträhne aus der Stirn streicht. Wie gesponnenes Gold. Später, in der Abendsonne, wird es dann sein, als winke diese
lichtdurchflutete Person aus einem Gemälde. Das bin ich, Verzeihung, das möchte ich sein.
von assotsiationsklimbim am Mittwoch, 25. August 2010, 14:24 unter archiv10